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Lernen im bürgerschaftlichen Engagement (Service ­Learning)

Das Teilprojekt HAL_T_02 adressiert Schüler*innen und Studierende im deutschen Bildungssystem. Das freiwillige Engagement von Schülern und Studierenden ist im Bildungssystem institutionell verortet und findet in vielen gesellschaftlichen Handlungsbereichen seinen Niederschlag. Engagement im Sinne von Service Learning bedeutet einerseits schulisches und akademisches Lernen und anderseits die Auseinandersetzung mit und die Bearbeitung von konkreten gesellschaftlichen Aufgaben und Problemen (Backhaus-Maul/Roth 2013, Gerholz et al. 2018, Speck/Backhaus-Maul 2007).

Im Untersuchungszeitraum sollen bestehende und bewährte Service Learning-Aktivitäten und -Programme im Sinne einer formativen – prozessbegleitenden – Evaluation kontinuierlich evaluiert und mit den Beteiligten gemeinsam weiterentwickelt werden. Die Auswahl der Schulen und Hochschulen soll die Unterschiede im Bildungssystem berücksichtigen sowie der Spannbreite von großstädtischen, wirtschaftlich prosperierenden und von Zuwanderung geprägten bis hin zu strukturschwachen und von Abwanderung geprägten ländlichen Regionen Rechnung tragen.

Das Teilprojekt HAL_T_02 ist für die Transferstrategie des FGZ Halle bedeutsam, weil über eine Verknüpfung der Ausbildungsfunktion von Schulen und Hochschulen mit der Förderung zivilgesellschaftlichen Engagements die Möglichkeit besteht, langanhaltende motivationale Wirkungen zu erzeugen (Backhaus-Maul/Gerholz 2020). Es ist für die allgemeinen Transferaktivitäten des FGZ bedeutsam, weil mit der Methode der formativen Evaluation ein Instrument von public science weiterentwickelt wird.

Die formative Evaluation umfasst qualitative und quantitative Erhebungsmethoden, wie insbesondere (teil-)standardisierte Fragebögen Fragebögen, Expert*inneninterviews, teilnehmende Beobachtungen, Gruppendiskussionen und Dokumentenanalysen. Der wechselseitige Wissenstransfer zwischen Akteuren und Forschern, soll erstens die Akteure in die Lage versetzen, ihr Handeln wissensbasiert zu reflektieren und weiter zu entwickeln und es zweitens Forscher*innen ermöglichen, ihre empirischen Befunde fortlaufend zu aktualisieren sowie ihre Erhebungs- und Auswertungsmethoden weiterzuentwickeln.

Als Praxispartner*innen sind die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen e.V., die Freiwilligenagentur Halle-Saalkreis, das Hochschulnetzwerk Bildung durch Verantwortung e.V., das Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt und darüber hinaus die Stiftung  Aktive Bürgerschaft (Berlin) sowie die Stiftung Lernen im Engagement (Berlin) vorgesehen.

Wesentliche Meilensteine des Teilprojektes sind Workshops mit Wissenschaftler*innen, Expert*innen und Praxispartnern zur Diskussion von Evaluationsbefunden und zur Weiterentwicklung von Service Learning-Aktivitäten und -Programmen jeweils im vierten Quartal der Jahre 2021, 2022 und 2023 sowie die Präsentation des Berichtes im ersten Quartal 2024.

Thematischer Bezug zu gesellschaftlichem Zusammenhalt

Bürgerschaftlichem Engagement wird ein positiver Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt zugeschrieben. Eine Variante des bürgerschaftlichen Engagements ist das Lernen von Schüler*innen und Studierenden im bürgerschaftlichen Engagement, eine Engagementform, die im internationalen Kontext mit dem Begriff Service Learning bezeichnet wird.

Anhand von Service Learning-Aktivitäten und -Programmen im deutschen Bildungssystem, die von den beteiligten Akteuren als bewährt eingestuft werden, soll kritisch untersucht werden, ob und gegebenenfalls inwiefern sich diese Aktivitäten und Programme auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt auswirken. Der aktuelle Stand der Forschung über bürgerschaftliches Engagement lässt auch im Hinblick auf Service Learning differenzierte Ergebnisse erwarten. So kann bürgerschaftliches Engagement einerseits dazu beitragen, soziale Grenzziehungen, die etwa durch Schichtzugehörigkeit, Herkunft und Status markiert werden, zu überwinden. Anderseits kann bürgerschaftliches Engagement Prozesse der sozialen Schließung befördern, indem etwa gesellschaftlich privilegierte Gruppen im Engagement eigennützig ihr soziales, kulturelles und wirtschaftliche Kapital vermehren und damit gesellschaftliche Desintegrationsprozesse forcieren.

In Kenntnis des Ungleichheit begünstigenden deutschen Bildungssystems stellt sich damit die Frage, ob Lernen im bürgerschaftlichen Engagement von Schüler*innen und Studierenden entweder zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beträgt oder möglicherweise keine entsprechenden Effekte zeigt oder sogar gesellschaftliche Desintegrationsprozesse verstärkt. Vor diesem Hintergrund ist es von besonderem Interesse, die soziale Zusammensetzung (Schichtzugehörigkeit, Herkunft, Status) der an Service-Learning-Aktivitäten und -Programmen beteiligten Schüler*innen und Studierenden sowie ihre Vorstellungen von gesellschaftlichem Zusammenhalt und die entsprechenden Handlungspraxen zu untersuchen.

Team

Projektverantwortlicher: Holger Backhaus-Maul

Wissenschaftlicher Mitarbeiter: Arne Arend

Laufzeit

06/2020–05/2024

Publikationen (Auswahl)

  • Backhaus-Maul Holger/Gerholz Karl-Heinz 2020: Feine Gelegenheiten zur Kooperation. Wissenstransfer zwischen Universitäten und organisierter Zivilgesellschaft, erscheint in: Hofer, Manfred/Derkau, Julia (Hrsg.): Campus und Gesellschaft. Weinheim: Beltz-Juventa.
  • Gerholz, Karl-Heinz/Backhaus-Maul, Holger/Rameder, Paul 2018 (eds.): Civic Engagement in Higher Education Institutions in Europe. Zeitschrift für Hochschulentwicklung 13, Heft 2.
  • Backhaus-Maul, Holger/Roth, Christiane 2013: Service Learning an Hochschulen in Deutschland. Ein erster empirischer Beitrag zur Vermessung eines jungen Phänomens. Wiesbaden: Springer VS.
  • Speck, Karsten/Backhaus-Maul, Holger 2007: Service Learning an Schulen. Wissenschaftliche Evaluation des Programms „Service Learning – Schule gestaltet Gemeinwesen“ im Land Sachsen-Anhalt, Ergebnisbericht. Berlin: Deutsche Kinder- und Jugendstiftung.

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